Die JazzStiftung München ist eine gemeinnützige, städtische, vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München verwaltete Stiftung mit dem Ziel, Kunst und Kultur in München insbesondere auf dem Gebiet der Jazzmusik zu fördern, sowie Mittel dafür zu beschaffen.
Sie gewährt Förderungen an steuerbegünstigte Körperschaften oder juristische Personen des öffentlichen Rechts in München, um moderne, zeitgenössische, aber auch in Ausnahmen klassische Jazzmusik einem möglichst großen Publikum zugänglich zu machen.
Ein dreiköpfiger Beirat berät über die Projekte, die durch Mittel der JazzStiftung München gefördert werden sollen. Gewährt werden können beispielsweise Zuschüsse zu Künstlerinnen- und Künstlergagen einzelner Konzerte; zur Produktion von Jazz auf Tonträgern, auf oder in modernen Medien; zur technischen Einrichtung von Spielstätten, die in erster Linie Jazz aufführen; zu Workshops oder Masterclasses; für Projekte zur Nachwuchsförderung, schließlich zur Unterstützung eines möglichen Jazz-Festivals in München.
Die Jazzstiftung München ist dabei ausdrücklich offen für Mitstifter und Spender.
Das dreiköpfige Kuratorium der Jazzstiftung München setzt sich aktuell zusammen aus dem Stifter Andreas Schiller, Heike Lies vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München und Andreas Heuck als Vertreter des Jazzclubs Unterfahrt.
… das Unerwartete, das stets Überraschende. Diese Musik lebt von der reizvollen Abhängigkeit vom Augenblick. Man kann sie nie kennen – denn sie saugt begierig Neues in sich auf. Das Konstanteste am Jazz ist seine stetige Veränderung: Er ist verlässlich im Nicht-Verlässlichen. Insofern gibt es wohl keine Musik, die dem Leben stärker entspricht als der Jazz. Für Zuhörer ist das jedes Mal ein Abenteuer: Im Idealfall kann man nicht wissen, was kommt, nur ungefähr ahnen. Je stärker er sich der Vorausberechenbarkeit entzieht, desto überwältigender kann der Jazz sein: eine Musik, die an Grenzen geht und diese ständig neu definiert. Eine Musik für ungenügsame Köpfe, für Weiter-Denker, Immer-Neu-Hörer, gegen Schranken und Erstarrung im Kopf. Und dies stets im Sinne einer menschlichen Verständigung: Jazz ist eine Musik, die Kulturen zusammenbringt. Auf diese Art ist er entstanden, auf diese Art lebt er weiter.
Roland Spiegel
Zugegeben, das Entree ist nicht eben repräsentativ: In einer Einfahrt geht es durch eine scheußliche Glastür die Treppen hinab in ein Kellergewölbe. Ist man aber in der „Unterfahrt“ angelangt, empfängt den Jazzfreund alles, was sein Herz begehrt: Eine Bar, 190 Sitzplätze, ansprechende Gastronomie, einwandfreie Technik und vor allem: eines der besten Programme der Welt, immerhin nach Ansicht von „Down Beat“, der Bibel unter den Jazz-Zeitschriften. Alle internationalen Stars sind inzwischen im 1978 als eher alternativ-avantgardistische Kneipe gegründeten, 1998 in den städtischen Einstein-Keller übersiedelten und vom 1.500 Mitglieder zählenden Verein „Förderkreis Jazz und Malerei München“ getragenen Club zu sehen. Obendrein ist es auch noch das „zweite Wohnzimmer“ der lokalen Szene.
Der Wermutstropfen: Die Unterfahrt ist seit langem der einzige reine Jazzclub Münchens. Früher war der Jazz in München über die ganze Stadt verteilt, vom „Hot Club“ im Haus der Kunst über das „Café Stadt Wien“ am Hauptbahnhof oder das „Tabarin“ am Isartorplatz bis zum „Keller-Club“ in Freimann. Vor allem aber war er in Schwabing und der Maxvorstadt beheimatet: Im „Jazz-Keller“ und im „Allotria“, in der „Nachteule“, im „Studio 15“, im „Kleinen Rondell“ und natürlich in Ernst Knauffs legendärem, weltweit bekanntem „Domicile“, erst in der Sieges-, später in der Leopoldstraße. Vielen setzte schon die Beat-Bewegung der Sechzigerjahre zu, Ende der Siebziger begann dann endgültig das große Club-Sterben. Rapide steigende Mieten, Konflikte mit Anwohnern und der Niedergang Schwabings als Künstlerquartier machten ihnen nach und nach den Garaus.
Heute ist es nahezu unmöglich, der Hochpreis- und Hochkulturstadt München mit einer Jazzlocation in Privatinitiative zu trotzen. Thomas Vogler indes schafft es seit 1997, den Traum von der eigenen Jazzbar am Leben zu erhalten. So führt der Selfmade-Gastronom selbst nach Corona einen zähen, aber erfolgreichen Kampf gegen Auflagen, Brauerei- und Mietverträge, Gema und schöne Sommer. Was für viele heimische Jazzer, die nicht oft in der Unterfahrt spielen können, einen sicheren Hafen bedeutet. Einen besonderen Luxus leistet sich auch das Nobelhotel Bayerischer Hof am Promenadeplatz. Seit 1992 lockt der Nightclub des Hotels nicht nur betuchte Gäste, sondern auch ganz normale Jazzfans an. Die Jazz-verrückte Chefin Innegrit Volkhardt belebte damals die alte Liaison zwischen Jazz und Grandhotel wieder, und Programmchefin Katarina Ehmki sorgt seit langem für hochkarätige Konzerte nationaler wie internationaler Größen. Von 1999 an beteiligte man sich auch beim legendären, Klassik mit Jazz verbindenden „Münchner Klaviersommer“, dem bis zu seinem Ende 2006 einzigen Münchner Jazzfestival internationalen Zuschnitts. Auf kleinerer Flamme und unter dem Titel „Jazz Sommer“ macht das Hotel seither in Eigenregie weiter. Dies ist der letzte Rest der ehemals auch mit den „Jazz Lines“ ausgeprägten Festivalkultur der Jazzstadt München. Die JazzStiftung München will unter anderem den entscheidenden Anstoß geben, diese Tradition mit einem „Isarjazz“-Festival neu aufleben zu lassen.
Das Jazzangebot ergänzen punktuell klassische Häuser und Theater oder genreoffenen Spielstätten wie das Muffatwerk, das Schwere Reiter oder das Import Export mit einzelnen Jazz-Konzerten sowie kleine Gaststätten wie das Wirtshaus im Isartal mit wöchentlichem Old-Time-Jazz. Dazu kommen teils städtische, teils private Stadtteilinitiativen mit meist monatlichen Konzertreihen wie dem „Jazz +“ in der Schwabinger Seidlvilla, dem „Jazz and beyond“ im Künstlerhaus am Lenbachplatz, dem vom Schlagzeugstar Charlie Antolini verantworteten „Jazz im Pelkovenschlössl“ in Moosach oder den Sessions im Laimer „Interim“. Schließlich gehören Jazzreihen in vielen Bürgerhäusern und Kulturzentren des reichen Umlands zum guten Ton. Bleibt abzuwarten, was nach Corona aus Initiativen wie dem Monaco Jazz Club oder Bauprojekten wie dem „Kunstkraftwerk Bergson“ in Aubing wird.
Zwei erfolgreiche Wettbewerbe haben das Konzertgeschehen in jüngerer Zeit beflügelt. Der seit 2009 veranstaltete „BMW Welt Jazz Award“ im futuristischen Coop-Himmelblau-Gebäude der BMW Welt hat sich mit seinem internationalen Zuschnitt, seiner stets außergewöhnlich interessanten Besetzung und seinem jährlich wechselnden Motto als Publikumsmagnet weit über den Jazz hinaus erwiesen. Und auch der seit 2014 vom Verein mucjazz in der Unterfahrt ausgerichtete „Junge Münchner Jazzpreis“ lenkt den Blick des Publikums mit großem Erfolg, rauschenden Abenden und der sich daraus abgeleiteten Konzertreihe „Newcomer Series Unheard“ auf die kommende Musikergeneration.
Trotzdem steht das Live-Angebot alles in allem weder in Relation zur Größe der Stadt oder gar der Metropolregion (mit 1,5 beziehungsweise 6 Millionen Menschen) noch zu seiner sonstigen Bedeutung für die Jazzszene. Sind doch mit ECM Records, ACT, Enja, Winter & Winter, Galileo und GLM (bis vor einiger Zeit gehörte auch noch Pirouet dazu) etliche der international bedeutendsten Independent Jazz-Labels hier zu Hause. Bis vor kurzem residierte obendrein die Deutschland-Zentrale des Major Labels Sony in der Balanstraße. Überdies ist die Resonanz für den Jazz in der Medienhauptstadt München überdurchschnittlich. Der Bayerische Rundfunk hat die größte Personaldecke und Sendeplatz-Dichte für Jazz aller öffentlich-rechtlichen Anstalten und räumt der improvisierten Musik mit „Bühne frei im Studio 2“ im Funkhaus einen festen Live-Platz ein. Mit der Jazzabteilung des Kaufhauses Beck am Marienplatz findet sich außerdem der größte und feinste Jazzstore Deutschlands in München. Und auch das Jazzinstitut der Hochschule für Musik und Theater München hat sich zu einer der wichtigsten Jazz-Kaderschmieden der Republik entwickelt – dementsprechend groß ist inzwischen allen Widrigkeiten zum Trotz die Zahl exzellenter junger Jazzmusiker. Bei all dem den Konzertbetrieb voranzubringen, ist das erklärte Ziel der JazzStiftung München.
Oliver Hochkeppel